Grundsätzlich kann der ausgezogene Ehegatte von dem anderen Ehegatten eine Nutzungsentschädigung verlangen – also quasi eine Miete. Voraussetzung ist allerdings, dass der in der Immobilie verbliebene Ehegatte die Wohnung vereinbarungsgemäß für sich alleine nutzt. Eine Nutzungsentschädigung kann also verlangt werden,
– wenn die Eheleute eine ausdrückliche Vereinbarung über die Alleinnutzung durch einen Ehegatten getroffen haben
– wenn das Familiengericht die Immobilie einem der Eheleute zur Alleinnutzung zugewiesen hat.
Wenn ein Ehegatte einfach auszieht – vielleicht sogar gegen den Willen des anderen Ehegatten, reicht dies nicht aus. Denn ohne eine entsprechende Vereinbarung der Eheleute liegt für den verbleibenden Ehegatten eine “aufgedrängte” Alleinnutzung vor, die keine Zahlungspflichten auslöst (OLG Celle FamRB 2015,204).
Im Übrigen sind folgende Fälle zu unterscheiden:
I. Für die Immobilie besteht noch ein gemeinsamer Kredit
In diesem Fall kommt es darauf an, wer diesen Kredit weiterhin abzahlt. Folgende Varianten sind möglich:
(1) Die Kreditraten werden in voller Höhe allein von demjenigen Ehegatten gezahlt, der in der Immobilie wohnen bleibt. Bei einem gemeinsamen Kredit müssen grundsätzlich beide Eheleute sich zur Hälfte an den Kreditraten beteiligen. Falls einer der Eheleute die Raten in voller Höhe allein zahlt, kann er vom anderen Ehegatten im Wege des so genannten “Gesamtschuldnerausgleichs” die Hälfte ersetzt verlangen. Grundsätzlich könnte deshalb derjenige Ehegatte, der in der Immobilie wohnen bleibt und die Raten allein zahlt, vom anderen Ehegatten die Erstattung der halben Raten verlangen. Andererseits könnte aber der ausgezogene Ehegatte verlangen, dass der andere Ehegatte, der ja auch in “seiner” Eigentumshälfte wohnt, ihm für diese Hälfte eine Miete zahlt. Soweit beide Beträge gleich hoch sind, kann deshalb keiner der Eheleute vom anderen irgendeine Ausgleichszahlung verlangen.
(2) Die Kreditraten werden in voller Höhe allein vom ausgezogenen Ehegatten gezahlt. Bei einem gemeinsamen Kredit müssen grundsätzlich beide Eheleute sich zur Hälfte an den Kreditraten beteiligen. Falls einer der Eheleute die Raten in voller Höhe allein zahlt, kann er vom anderen Ehegatten im Wege des so genannten “Gesamtschuldnerausgleichs” die Hälfte ersetzt verlangen.
Der ausgezogene Ehegatte kann also vom anderen Ehegatten die halben Raten ersetzt verlangen. Zahlt der andere Ehegatte die Hälfte der Raten, so hat er aber erst einmal nur den Anteil für “seine” Hälfte gezahlt, den er ja als Miteigentümer ohnehin tragen müsste. Aber der in der Wohnung verbliebene Ehegatte bewohnt nicht nur “seine” Hälfte der Immobilie, sondern die gesamte Immobilie. Also sozusagen auch die Hälfte des ausgezogenen Ehegatten. Deshalb kann der ausgezogene Ehegatte verlangen, dass der andere Ehegatte zusätzlich zur Hälfte der Raten noch eine Miete (“Nutzungsvergütung”) für die andere Hälfte der Immobilie an ihn zahlt. Was tun, wenn der in der Immobilie wohnende Ehegatte nicht freiwillig zahlt? Wie immer, wenn jemand seine Schulden nicht zahlt, muss der Ehegatte dann auf Zahlung verklagt werden.
Falls der ausgezogene Ehegatte dem anderen Ehegatten Unterhalt zahlt, gibt es aber noch einen anderen Weg für ihn, an sein Geld zu kommen: Zwar darf er die geschuldete Nutzungsvergütung nicht mit dem Unterhalt verrechnen. Aber er kann bei der Unterhaltsberechnung die Hausrate, die er allein zahlt, in voller Höhe von seinem Einkommen abziehen.
Dadurch bekommt er allerdings nur die Hälfte der Raten wieder “rein”.
Beispiel:
"Der ausgezogene Ehemann zahlt alleine die Hausraten von 800,- Euro monatlich. Außerdem zahlt er seiner Ehefrau monatlich 550,- Euro Ehegattenunterhalt. Die Ehefrau, die weiterhin in der Immobilie wohnt, beteiligt sich weder an den Raten noch zahlt sie eine Nutzungsvergütung. Der Ehemann kann deshalb die volle Rate in Höhe von 800,- Euro von seinem Einkommen abziehen und zahlt infolgedessen 400,- Euro weniger Ehegattenunterhalt, also nur noch 150,- Euro."
II. Die Immobilie ist lastenfrei:
In diesem Fall muss derjenige Ehegatte, der in der Wohnung bleibt, dem anderen Ehegatten eine monatliche Nutzungsvergütung in Höhe des halben Mietwerts der Gesamtimmobilie zahlen. Ist der ausgezogene Ehegatte Alleineigentümer, so muss der in der Immobilie verbliebene Ehegatte sogar den gesamten Mietwert zahlen.
Wichtig:
Während des ersten Trennungsjahres kann in der Regel nur eine eingeschränkte Nutzungsvergütung verlangt werden. In dieser Zeit wird (noch) nicht der volle Mietwert geschuldet, sondern lediglich ein an den finanziellen Verhältnissen des verbliebenen Ehegatten orientierter angemessener Betrag.